Die Friedensarbeit hat für Ernst Söder immer im Fokus gestanden. Über 30 Jahre war er im Vorstand des Jugendrings und setzte sich unter anderem für die Gedenkstätte Steinwache ein. Hier spricht er über Erinnerungsarbeit und den Wandel des Jugendrings.
„Es hat sich natürlich viel verändert in all den Jahren. Aber die Friedensarbeit, war uns immer sehr wichtig““, erinnert sich Ernst Söder. Er war von 1960 bis 1989 im Vorstand des Jugendrings aktiv. Außerdem hatte er für zwei Perioden von 1961 bis 1966 und 1979 bis 1987 den Vorsitz inne. Er sei durch den Deutschen Gewerkschaftsbund mit dem Jugendring in Verbindung gekommen.
„Als ich mit 20 Jahren beim DGB war, suchten sie passenderweise jemanden für die Stelle des Jugendsekretärs. Ich beschäftigte mich damals mit Jugendarbeit, weil ich selbst noch jung war.“ Der DGB habe ihn dann in den Vorstand des Jugendrings geschickt. Seine früheren Jahre und seine erste Amtszeit als Vorsitzender beschreibt Ernst Söder als „Aufbruchszeit“.
„Wir verwirklichten viele Projekte, wie zum Beispiel die Errichtung einer Geschäftsstelle für den Jugendring im Fritz-Hensler Haus. Außerdem beschäftigten wir uns intensiv mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz.“ Das Jugendarbeitsschutzgesetz, das bis heute in reformierter Form besteht, beschloss die Bundesregierung 1960. Darin wird die maximal Arbeitsstundenzahl pro Woche und die Tätigkeit der Arbeit festgelegt.
Beim DGB war er sowohl für die Jugendweiterbildung als auch später für die Weiterbildung der Erwachsenen in Dortmund zuständig. Während er die ersten Jahre noch hauptamtlich bei der Stadt beschäftigt war, wechselte er später vollständig zum DGB. Dort war er bis zu seiner Pension im Jahr 2001 tätig, zuletzt als Vorsitzender des DGB in Arnsberg. „Wir haben in den vielen Jahren viel geschafft. Auch beim DGB haben sich manche Schwerpunkte verändert. In den 1960er waren es noch ganz andere Zeiten.“ Früher sei das Hauptziel der Gewerkschaften gewesen, die Rechte der Arbeitnehmenden zu schützen, erinnert sich Ernst Söder. Heute sind die Ziele der DGB viel breiter aufgestellt.
Der Jugendring setzte sich außerdem für den internationalen Austausch mit anderen Jugendlichen und Kindern ein. Während der ersten Jahre im Vorstand nahm Ernst Söder Kontakt zu Partnerstädten auf. Seit 1960 ist Amiens in Frankreich die erste Partnerstadt Dortmunds. „Mir hat der Austausch mit den internationalen Partnern immer sehr viel Freude bereitet. Die Reisen, die wir gemacht haben, waren immer sehr spannend.“ So waren sie nicht nur in Frankreich, sondern auch in der damaligen UdSSR, in Leeds, Polen, Jugoslawien und in Israel. Später dann auch in Leipzig.
Einsatz für die Steinwache
Ernst Söder, der bis heute im Förderverein Gedenkstätte Steinwache tätig ist, hat sich als Vorsitzender des Jugendrings für den Erhalt der Gedenkstätte eingesetzt. Die Mahnstätte Steinwache war ursprünglich bis 1933 von der Polizei Dortmund als Polizeidienstgebäude genutzt. Im Nationalsozialismus hat die Gestapo das Gefängnis der Steinwache zur Folterung und Erpressung genutzt. Von 1933 bis 1945 waren über 66.000 Menschen dort inhaftiert.
Als in den 1980er Jahren das Gebäude abgerissen werden sollte, hat sich der Jugendring dafür eingesetzt es weiter zu nutzen. „Das war damals ein sehr wichtiges Anliegen im Jugendring. Der Vorstand war einstimmig dafür, auch wenn viele Leute von außerhalb nicht verstanden haben, warum wir uns für den Erhalt einsetzten.“ Ernst Söder trat zusammen mit seinem Stellvertreter Rainer Siemon und dem Geschäftsführer Josef Niehaus in Kontakt mit politischen Entscheidungstragenden. „Wir haben sehr viele Gespräche über die Steinwache geführt und mit dem Oberbürgermeister Samtlebe und auch mit dem NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau.“
„Ohne den unermüdlichen Einsatz und die Beharrlichkeit des Dortmunder Jugendringes in den 1980er Jahren würde es die Steinwache heute nicht mehr geben. Mit seinem Bemühen hat der Jugendring damit auch ein Stück der Dortmunder Stadtgeschichte geschrieben“, betont Ernst Söder.
Für ihn war die Steinwache schon immer ein sehr wichtiger Ort an dem sich Jugendliche gezielt mit der Zeit des Nationalsozialismus und den Verbrechen, die in der Steinwache passiert waren, auseinandersetzen können.
Zu der Zeit organisierten sie mit anderen Vereinigungen viele Veranstaltungen und Fahrten zu anderen Gedenkstätten, wie beispielsweise zu dem Mahnmal Bittermark in Dortmund und nach Amsterdam. „Es war sehr wichtig zu sehen, dass nicht nur der Vorstand des Jugendrings, sondern viele Organisationen mitmachten und den Erhalt des Gebäudes unterstützen.
Ziel erreicht: Die Steinwache bleibt
Nach vielen Gesprächen mit politischen Vertreter*innen, hatte der Jugendring sein Ziel erreicht: 1984 wurde das Gebäude der Stadt Dortmund vom Land NRW übereignet, nachdem sich der Rat für die Erhaltung entschieden hatte. Auch die Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945“ ist von dem Museum am Westpark in die Steinwache gezogen. Der Jugendring plante damals aus einem Teil der Gebäude ein Jugendgästehaus zu bauen. „Als wir die Pläne der Auslandgesellschaft hörten, die dort einziehen wollte, waren wir mehr als einverstanden.“
In den 1980ern hat Ernst Söder selbst Touren durch die Steinwache angeboten. „Es war schön zu sehen, dass die Jugendlichen sehr interessiert waren an der Geschichte.“ Bis vor ein paar Jahren gab es auch Zeitzeugengespräche mit Personen, die in dem Gebäude inhaftiert und gefoltert worden. „Besonders ein Zeitzeuge, der mit 16 Jahren in der Steinwache war, konnte sehr eindringlich von seinen Ereignissen schildern,“ erinnert sich der ehemalige Vorsitzende des Jugendrings.
Für die Jugendlichen sei es sehr wichtig, diese Geschichten zu hören, dass die Menschen meist in einem ähnlichen Alter waren. Er bedauere sehr, dass dies nun nicht mehr möglich sei, da nahezu alle Zeitzeugen verstorben seien. Denn für die Jugendlichen sei es besonders auch zu den jetzigen Zeiten von Bedeutung, dass sie die Auswirkungen von Krieg und Völkermord einschätzen können.
Seit einigen Jahren engagieren sich Jugendliche bei den Botschafter*innen der Erinnerung für eine weitreichende Erinnerungskultur. Ernst Söder schätzt diese Arbeit sehr und ist selbst bei vielen Veranstaltungen dabei gewesen. „Ich kann immer wieder betonen, dass der Jugendring in all den Jahren sehr gute Arbeit darin geleistet hat, Jugendlichen zu zeigen, wie sie sich politisch und solidarisch engagieren können.“
Beitragsbild: Karsten Wickern.
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