Mitten im Wald, ohne Strom und fließendes Wasser, leben die Mitglieder während den Freizeitlagern in der Wendtheide. Lena fährt als Gruppenleiterin seit vielen Jahren auf das Grundstück in Niedersachsen. Wir waren mit der Waldläuferin unterwegs.
In feinen Tropfen fällt der Regen vom Himmel. Graue Wolken ziehen über das Waldstück in Eving. Es sind nur wenige Menschen an diesem Samstagmorgen auf den Wegen unterwegs. Die großen Laubbäume breiten ihre Äste schützend über den Pfaden aus, sodass diese weitestgehend trocken bleiben. Lena Tautz genießt die Runde durch den Wald. Sie wohnt nicht weit von hier entfernt und verbringt ihre Freizeit gern mit kleineren und größeren Wanderungen in der Umgebung.
Ein besonderer Ort in der Natur ist für die 24-Jährige ein Grundstück in Niedersachsen, dass sie seitdem sie klein ist, regelmäßig besucht. „Ich kann mich noch gut an meine erste Freizeit in der Wendtheide erinnern. Ich war von dem Waldstück damals so beeindruckt“, erzählt die Dortmunderin.
Die Waldläufer*innen des Wendtheide e.V bieten mehrere Ferienfreizeiten im Jahr für Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren an. Die Kinder und Jugendlichen leben ohne fließend Wasser und Strom für bis zu zwei Wochen auf dem vereinseigenen Waldstück im Emsland.
Umgang mit der Natur
„Hauptsächlich geht es bei den Ferienfreizeiten um das Zusammensein in der Gruppe, darüber hinaus lernen die Kindern auch viel über den Umgang mit der Natur“, erzählt Lena.
Der Name des Vereins geht auf einen Sportlehrer der 50er Jahre zurück. Arno Wendt organisierte im kriegszerstörten Dortmund ein Sportangebot in der Stadt und später auch außerhalb, bei dem Kinder in Berührung mit der Natur treten konnten. Über die Jahre wuchs das Angebot und das Interesse der Schüler*innen. Daraus entstand ein eigener Verein: Die „Wandergruppe des Helmholtz-Gymnasiums“
„Da wir seit mehreren Jahren nicht nur Kinder des Helmholtz-Gymnasiums mitnehmen, hat sich der Verein vor Jahren in Wendtheide umbenannt“, erzählt die Waldläuferin Lena. Im Aufnahmelager, das in den ersten zwei Wochen der Sommerferien stattfindet, lernen die Teilnehmer*innen die Grundlagen. Dazu gehöre unter anderem das Arbeiten in der Gruppe, Blätterkunde und die Orientierung im Wald mit Karte und Kompass. Die Kinder lernen das Blätteralphabet, bei dem der Anfangsbuchstabe des Baumes, zu dem das Blatt gehöre, genutzt werde. Ein Eichenblatt stehe zum Beispiel für den Buchstaben E. So könnten die Kinder geheime Nachrichten legen und entschlüsseln, erzählt Lena.
Nach dem Aufnahmelager seien die Kinder und Jugendlichen offiziell Waldläufer*innen. Dem Verein sei die konfessionelle Unabhängigkeit sehr wichtig. Daher hießen die Vereinsmitglieder „Waldläufer*innen“ und setzten sich so unter anderem von den Pfadfinder*innen ab. Ähnlich zu den Pfadfinder*innen tragen auch die Mitglieder der Wendtheide Kluften. „Es ist cool, da wir während der Lager im Ort erkannt werden. Wir haben das Grundstück aber auch schon seit den 60er Jahren – das ist ganz schön lang.“
Verantwortung übernehmen
Neben dem Aufnahmelager bietet der Verein Ferienfreizeiten um Ostern, im Sommer und im Herbst an. „Da geht es dann mehr um Spaß und Erholung, doch wir arbeiten auch an der Instandhaltung des Grundstücks in den Lagern“, betont Lena. Die Vereinsmitglieder reparieren Bänke und Tische oder pflanzen neue Bäume. „Wir haben einen Förster im Verein, was ganz praktisch ist. Der hilft uns dabei, wenn Bäume gefällt werden müssen oder wir neue pflanzen. Da der Boden sehr sandig ist, kann dort nicht alles wachsen.“
Lena habe aus ihrem Engagement in den letzten Jahren für ihre persönliche Weiterentwicklung Vieles mitnehmen können. „Ich bin selbständiger geworden und habe gelernt Verantwortung zu übernehmen, da die Mitglieder schnell die Leitung von kleineren Gruppen übernehmen.“ Sie habe im Verein früh gelernt, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.
Unabhängig von den Ferienzeiten finden in Dortmund regelmäßige Treffen für die Vereinsmitglieder statt. „Wir treffen uns einmal im Monat, um uns zu besprechen. Dazu kommen Ausflüge, die sogenannten „Tiger in Aktion“. Letztes Jahr waren wir beim Adventure Golf oder in einem „Outdoor Escape Room“, erzählt Lena.
Der Wendtheide-Tiger
Der Tiger ist ein immer wiederkehrendes Motiv im Verein. „Der „Bund der Königstiger“ war ein Spitzname des Vereins. Auf unserem alten Abzeichen steht auch die Abkürzung BDK. Damals gab es auch verschiedene Ortsgruppen in den 60er und 70er in Dortmund“, erzählt Lena und zeigt auf den Aufnäher, den sie auf ihrer grünen Kluft trägt.
Da der neue Name „Wendtheide“ nicht auf dem Logo zu sehen ist, habe sich der Verein entschieden, ein neues Logo zu gestalten. Ein Grafiker aus dem Verein, habe sich in Absprache mit den Mitgliedern um das neue Logo gekümmert.
„Für uns alle war es am Anfang ungewohnt, weil wir jahrelang nur an das eine Logo gewohnt waren. Aber jetzt sind wir sehr zufrieden.“, erzählt die 24-Jährige.
Wie in anderen Vereinen verlassen auch den Wendtheide e.V viele Jugendliche, nachdem sie die Schule beendet haben. „Die Ausbildung oder das Studium geht natürlich vor. Wir versuchen aber in Kontakt mit den Mitglieder zu bleiben, das hilft manchmal. Dazu haben wir zum Beispiel auch einen privaten Instagram Account.“
Schnupperkurse für zukünftige Jugendleiter*innen
Neben ihrem ehrenamtlichen Engagement als Waldäuferin organsiert sie die Schnupperkurse der Juleica. Da die Jugendleiter*innen – Ausbildung erst für Jugendliche ab 15 ist, organsiert Lena seit ihrer eigenen Schulzeit einen verkürzten Schnupperkurs für zwölf bis 15-Jährige. Viele der jüngeren Vereinsmitglieder aus verschiedenen Verbänden hätten Interesse daran, mehr Verantwortung zu übernehmen, seien aber noch zu jung für die Juleica.
An diesem Problem setze der Schnupperkurs, der statt 80 nur 20 Stunden gehe, an. „Wir haben überlegt, was uns an unserem Grundkurs damals gefallen hat und versuchen es altersstufengerecht umzusetzen“, erzählt Lena. Rechtliche Kenntnisse, wie zum Beispiel Haftungsfragen, lassen sie bei ihrem Kurs aus. „Bei uns geht es darum, herauszufinden, wer ich in einer Gruppe bin und wie eine Gruppe aussieht.“ Außerdem besprechen sie mit den Jugendlichen mögliche Spiele und Spielearten.
Für die Jugendlichen, die an diesem Schnupperkurs teilnehmen, hat es den Vorteil, dass sie bevor sie mehr Verantwortung in ihren Verbänden zugetraut bekommen, die ersten Grundlagen der Gruppenarbeit kennen. Darüber hinaus wecke es das Interesse für den umfangreicheren Juleica Kurs.
Moderation und Engagement
Für die 24-Jährige ist die Jugendarbeit sehr wichtig. Daher moderiert sie seit 2014 auch „Das Like“, die Jahresabschlussveranstaltung des Jugendrings. Dort präsentieren die Vereine, die Teil des Dortmunder Jugendrings sind, ihre Jahreshighlights.
„Es ist schön zu sehen, wie vielfältig Jugendarbeit in Dortmund ist. Bei der Veranstaltung merke ich immer, dass ich in einer Blase lebe. Die meisten Vereine machen mehr als nur die eine Gruppenstunde, die man sich vorstellt.“ Vielen ginge es mit ihrem Verein ähnlich. Auch da wüssten Andere oft nicht, was die Mitglieder bei der Wendtheide machen würden.
Für die Jugendarbeit in Dortmund wünscht sich Lena mehr vereinsübergreifende Angebote. „Wir haben manchmal nur wenige Interessierte für einen Workshop, da wäre es schön, wenn er zusammen mit anderen Vereinen stattfinden könnte. So allein können wir viele Seminare nicht anbieten.“
Gesamtgesellschaftlich wünscht sich die Waldläuferin mehr Akzeptanz für die Jugendarbeit.
Trotz der Schwierigkeiten will Lena weiterhin die Jugendarbeit in Dortmund stärken. Denn für sie ist der Beweggrund ihres Engagements schnell zusammengefasst: „Einfach Spaß.“
Mehr Infos zu der Wendtheide findet ihr hier.
1 Kommentar zu “Lena: Der richtige Umgang mit der Natur”